Kaum betraten wir die höllisch heiße Kirche, an deren Decke ca. 50 Ventilatoren die dicke Luft quirlten, wurde mir klar, warum hier Samstag Abend keiner ausgeht: Alle wollen fit für diese Party sein. Die Stimmung ist ausgelassen, die Menschen tanzen, schütteln Hände, Plaudern, draußen springen die Kinder umher, deren Sonntagsschule gleich beginnt. Als wir unsere Plätze (Monoblocs) eingenommen hatten und vom Gemeindevorsteher begrüßt waren, begann der Warmupper, der vor kurzem noch auf der Yellow Submarine Dienst tat, das theme der Messe. Schon bei diesem ekstatischen Intro, das auf gefühlte 25 Minuten gedehnt wurde, gab es Erweckungserlebnisse, Menschen fielen auf die Knie, es erhoben sich läuternde Zeigefinger, Köpfe wurden wie in Trance rhythmisch gewogen und eine Frau klebte, nachdem sie sich wieder vom Boden aufrappeln konnte, einen Arbeitertageslohn an die Stirn des in Gesang versunkenen Ex-Seargent.
Nachdem sich alle Neulinge inklusive Meinerwenigkeit vor versammelter Mannschaft vorgestellt hatten, begann der eigentliche Gottesdienst mit Mitteilungen aus der Gemeinde. Hauptsächlich ging es um die Termine für weitere Gebets- und Bibelkreise. Keine Hochzeiten oder Todesfälle. Applaus gab’s dennoch.
Noch ein, zwei Songs von Solisten und Background präsentiert, machten die Leute heiß. Einige Freiwillige legten Zeugnis ab, wie sie von Gott errettet wurden oder sonstwie mit ihm in Kontakt standen.
Nach dem ersten offering, bei dem die Leute ähnlich einer Polonaise von Musik begleitet nach vorne zum Klingelkasten pilgern, wurde der Prediger eingeführt. Ein junger Mann mit Anzug und Krawatte. Nachdem er sich mitgebrachte Bibeln und Stift und Papier für Notizen hat zeigen lassen, begann er seine Predigt. Schnell hatte er sich in Rage geredet und überbot sich selbst mit einer raschen Abfolge von Bibelversen. Er zitierte so schnell, dass selbst meine Nebensitzerin mit der digitalen Version der heiligen Schrift auf ihrem Smartphone kaum nachkam. Ich frag mich wie das die Leute mit der Papiervariante schaffen sollen.
Ich konnte überhaupt nicht folgen, was nicht allein an der miesen Sprachqualität des Soundsystems lag, sondern auch weil in der linken Hälfte der Kirche ein Frafra-Übersetzer mit kaum minderer Inbrunst versuchte die Predigt simultan für die Menschen, die des Englischen nicht mächtig sind, zu halten. Ich beschloss einfach die Performance des mittlerweile hemdsärmeligen Predigers in seinen Hosenträgern zu genießen.
Nach dieser erschöpfenden Litanei folgte das zweite offering, bei dem der Gemeindevorsteher deutlich machte, das alles unter 5 GHC (1,25€, 2014, >1/3 Arbeitertageslohn) nicht genug ist. Immerhin wusste ich wieder was zu tun ist und reihte mich tanzend ein.
Danach kam Werbung für ein externes Bildungsprogramm, welches über die Kirche gebucht werden kann, die davon auch finanziell profitiert. Vor dem allgemeinen Segen, wurde die Neulinge nach vorne gebeten. Wir bekamen ein persönliches Gebet, Glückwünsche und eine kleine Ölung bevor unsere Namen und Telefonnummern aufgenommen wurden. Ich bin gespannt ob ich nach mehrmaliger Abwesenheit einen Anruf bekomme.
Zu meiner Enttäuschung gab es kein musikalisches Ende, keinen Ausmarsch oder sonstwas. Plötzlich war einfach fertig und wir wurden wieder raus in die sengende Sonne entlassen – nachgerade mal 3 Stunden. Wenn es ein program gibt, kann es auch mal 5h dauern. Ich kann mich jedoch beim besten Willen nicht daran erinnern, was den Großteil des Gottesdienstes ausgemacht hat.
Ich fühlte mich wirklich willkommen und wohl in der fruitful family, und auch wenn mein Mangel an enthusiastischem Glauben dafür sorgen wird, dass ich nicht jeden Sonntag hier sein werde, versuche ich auf jeden Fall noch einmal dabei zu sein.
Amen.