Im Auftrag des Kuriers machte ich mich auf zum Festzelt der Karlsruher Mess‘. Wegen eines rollbrettbedingten Staus auf dem Bürgersteig kam ich gerade gleichzeitig mit dem städtischen Fanfarenzug an. Pünktlich zum Anstich des Freibierfasses hatte ich dann auch endlich meinen Platz in der VIP-Lounge gefunden. Die pappigsten Kässpätzle der Stadt gaben Anlass für den ersten Weinschorle. Weiß, sauer.
Dann recht zügig die Headliner des Abends. Barfuß statt in Lackschuh stürmten ohne großes Tamtam Die Schäfer auf die Bühne. Sie redeten mit dem durchwachsenen Publikum zwar wie im Kasperletheater, spielten dafür aber umso erwachsenere Lieder aus dem Heimatrepertoire. Standing ovations bei der Zigeuner-Medley. Mein Plan nach dem ersten Schorle zur Mojito-WG weiterzuziehen wurde von einer Frau vereitelt, die zwar augenscheinlich der ersten Nachkriegsgeneration angehörte, sich aber dennoch nicht zwischen Zuwinken und Deutschen-Gruß-machen entscheiden konnte. Meine Neugier war geweckt. Einen weiteren Schorle, bitte!
Etwas leutselig geworden gewann die Combo mit ihrem internen (?) Hit „Lass die Arbeit Arbeit sein“ kurzzeitig meine Sympathie. Da aber selbst Carla „Rosenthal“ mit ihrem ständigen „Wir sind der Meinung ihr seid […] spitze!“ mich nicht dauerhaft fesseln konnte, verfolgte ich auf dem LCD in der Lounge zum ersten Mal wirklich aufmerksam ein Tennismatch (Monfils – Cuevas 4:6, 7:6, 3:6, 6:4, 6:3). Jetzt weiß ich endlich woher diese Redewendung mit dem großen Tennis stammt! In der Pause gab’s für die Barden Pizza. Für mich dank Freiverzehr die 3. Weinschorle.
Das deutsche Liedgut gibt tatsächlich genug Songs für eine Medley über das Schäferleben her! Das kann man wie die beiden Sängerinnen auch mal die Röcke fliegen lassen. Das überwiegend eher der besitzlosen Klasse zuzuordnende Publikum hingegen gab genug her, um den angehimmelten je ein Bier auf die Bühne zu bringen. Durchaus trinkfest lässt sich Plappermäulchen Carla zu folgendem Zitat hinreißen: „Der Mensch lernt das Trinken noch vor dem Essen, deshalb lasst uns aus Dankbarkeit das Trinken nicht vergessen. Prost!“ Und so leerte ich mir den vierten Weinschorle rein.
Der Rest ist Geschichte. Von Bianca holte ich mir verstohlen ein Autogramm ab. Log ihr etwas über meine Vorliebe für diese Art von Musik vor und parkte mich bei ein paar Kurzen an der Bar. In Ermangelung an Roadies bauten die vier eigenhändig ab, bzw. vor allem die beiden Frauen. Mein Hilfsangebot wurde dankend angenommen und führte mich direkt auf Afterparty im Wohnwagen eines Schaustellerkönigs. Lustig ist das Zigeunerleben – Faria faria ho!