Bei dem titelgebenden Event handelt es sich um eine Vernissage, aber nicht so eine wie man es sich vielleicht vorstellt. Ich mir bisher zumindest nicht. Dem Flyer nach zu urteilen und dem was mir eine Freundin davon erzählte, ging ich vom klassischen Fall aus: alte Herren und Damen, die es sich leisten können, tragen Abendgarderobe und reden über die Werke des Künstlers, den sie sich einzuladen gegönnt haben. Dazu Sekt und Brezeln. Man drückt sich rum, guggt auch ein zweites Mal alles an und ist dann doch froh, wenn man draußen ist und wieder laut „unkluge“ Dinge sagen darf.

Besagter Flyer versprach reizvolle Bilder und um 5 Ecken gab es eine persönliche Verbindung zum chinesischen Künstler. Also entschied ich mich doch mal wieder zu so etwas hin zu gehen. Zunächst hab ich das Haus gar nicht gefunden und bin durch ein benachbartes ziemlich verlassenes Altenheim geirrt – sehr apokalyptisch, sogar mit flackernden Neonröhren! Also zurück und doch in die privat anmutende Hofeinfahrt. Ah ja, da ist ja auch ganz versteckt ein Flyer angetackert. Lichterketten, Menschen auf Klappstühlen, bin ich doch in ein Hoffest geraten? Ein junger Mann im Skaterlook stürzte aus der Tür, wir blickten uns an und sagten beinahe gleichzeitig „Ausstellung?“. Ich bin doch richtig. Über ein paar Paletten im Eingang gelange ich in einen verratzten Raum in einer ehemaligen Werkstatthalle. Hinter der Theke tut sich so ne Art WG-Küche auf, die Sofa-Ecke erinnert an ein punkiges Jugendzentrum. „Hier gibt’s was zum Trinken, die Bilder sind da hinten.“ Dann schau mer Mal. Was zur Kunst wird in Kürze auf letschebach.de zu lesen sein. Hier geht es ja um Musik und der Teil kommt gleich. Im Gespräch mit den Vereinsmitgliedern (allesamt Kunststudenten) erfuhr ich einiges über die Räumlichkeiten, die normal bewohnt sind, und die Motivation einen Gegenentwurf zur Institution des deutschen Kunstvereins zu gründen. Die Räume wachsen hier im „Berlin-Stil“ in die Halle hinein, und gäbe es nicht soviel zu studieren und zu feiern, würde es schon ganz anders aussehen. Gäbe es dann vielleicht eine Toilette mit Tür?
So langsam ging die Vernissage dann in eine WG-Party über, verteilt auf den Abend ca 50 Besucher, Bier gegen eine Spende von €1,50, Mini-Mohrenköpfe gratis, Baguette-Häppchen durfte man sich selbst bestreichen. Das hinterste Zimmer hat eine Galerie mit einem Catwalk zum Bett. Dort improvisierte irgendwann ein spontanes Kollektiv jazzigen Post-Rock, es gab eine Tanz-Performance à la Frau Holle (da hatte ich daheim noch was von…) und ne Laser-Show. Sehr avantgardistisch, wenn auch nicht Königsklasse, aber mehr als ich je von Karlsruhe und gerade von Durlach erwartet hätte. – OK, musikalisch wenig spektakulär für ein Musikmagazin von diesem Format, aber irgendwie musste ich den Artikel hier rechtfertigen.
Sehr spannender und erfrischender Abend. Ich werde die Letschebacher Jungs und Mädels jedenfalls im Auge behalten. Wer sich selbst ein Bild machen will: die aktuelle Ausstellung läuft bis zum 30.9. Meldet euch vorher an, sonst ist vielleicht niemand daheim.